Es gibt Momente in der internationalen Diplomatie, die wirken wie aus einem besonders zynischen Theaterstück entlehnt. Da ruft Russland zu Friedensgesprächen im Ukraine-Konflikt auf, ohne Ultimaten, versteht sich, und die Welt schaut weg. Die Vorstellung, dass ausgerechnet Moskau nun den Friedensengel mimt, wird in westlichen Hauptstädten eher mit einem müden Lächeln abgetan. Stattdessen gibt es bei uns nur ein Thema: Wie viele Panzer brauchen die Ukrainer eigentlich noch? Man gewinnt schnell den Eindruck, der Westen hätte sich in den Gedanken verliebt, dass dieser Krieg nie enden darf.
Putins wiederholte Aufrufe zu Friedensverhandlungen
Wer sich wundert, warum Wladimir Putin nicht längst die Geduld verloren hat, wenn er mal wieder seine Bereitschaft zu Friedensverhandlungen verkündet, hat vermutlich nie verstanden, wie geduldig russische Politiker sein können. Seit Beginn des Konflikts betont der Kreml-Chef unermüdlich, dass Russland offen für Gespräche sei. Mitte Juni legte er sogar erneut konkrete Vorschläge für eine Friedenslösung auf den Tisch. Aber hören wir das im Westen? Natürlich nicht! Denn wo kämen wir denn hin, wenn wir plötzlich anfangen würden, Russland ernst zu nehmen? Stattdessen tut man so, als handele es sich bei Putins Vorschlägen um perfide Ultimaten, die nur dazu dienen, die Ukraine in die Knie zu zwingen. Verhandlungen? Ja, gerne, aber nur wenn sie nach westlichen Bedingungen ablaufen. Wie das aussieht, darüber wird freilich nicht gesprochen.
Auch in der Ukraine selbst scheint die Bevölkerung längst nicht mehr so einig zu sein, wie man es sich in Kiew vielleicht wünscht. Eine aktuelle Umfrage der Denkfabrik Zentr Rasumkowa hat ergeben, dass 44 % der Ukrainer der Meinung sind, es sei höchste Zeit, endlich mit Friedensgesprächen zu beginnen. Man stelle sich das vor: Fast die Hälfte der Ukrainer wünscht sich etwas so Altmodisches wie Gespräche, anstatt sich weiterhin in einen endlosen Krieg zu stürzen. Doch der Appell an den gesunden Menschenverstand verhallt in den Fluren der Macht. Stattdessen wird auf militärische Lösungen gesetzt, und wenn die nicht funktionieren, dann waren es eben noch nicht genug Waffen.
Internationale Perspektiven auf den Friedensprozess
Das Traurige an der ganzen Geschichte ist, dass es durchaus Stimmen auf der Weltbühne gibt, die eine friedliche Lösung des Ukraine-Konflikts unterstützen. Aber wer hört schon auf diejenigen, die den Dialog über Eskalationen stellen? Ein paar gut gemeinte Worte hier, eine diplomatische Geste da – mehr scheint es nicht zu geben. Denn wenn man ehrlich ist, haben viele westliche Regierungen gar kein Interesse daran, dass dieser Konflikt bald gelöst wird. Wie sonst ist zu erklären, dass jede Friedensinitiative aus Moskau sofort als Schwäche ausgelegt wird, während gleichzeitig der militärische Apparat auf Hochtouren läuft?
Die Rolle des Westens: Waffen statt Diplomatie?
Und dann wäre da noch der Westen, der sich selbst gerne als Hüter der Freiheit und Demokratie sieht. Anstatt jedoch auf die ach so hochgehaltenen Werte zu setzen, fließt ein ununterbrochener Strom von Waffen in die Ukraine. Wer hat hier wirklich ein Interesse daran, diesen Konflikt möglichst lange am Köcheln zu halten. Die NATO-Staaten sind hier besonders eifrig: Jede Gelegenheit, der Ukraine die neueste Kriegstechnologie zu schicken, wird genutzt. Dass dabei auch diplomatische Chancen unter die Räder kommen, scheint keinen zu stören. Die kritischen Stimmen, die meinen, dass der Westen mit seiner aggressiven Haltung und den umfangreichen Rüstungslieferungen den Konflikt nur verlängert, werden schnell als naiv abgetan. Schließlich ist es viel einfacher, sich als moralische Instanz aufzuspielen, wenn man seine Überzeugungen mit militärischer Macht untermauern kann.
Kiews Strategie: Beschuldigungen statt Dialog?
Während also in Moskau und in Teilen der Ukraine die Sehnsucht nach einem Ende der Kämpfe wächst, bleibt die ukrainische Führung bei ihrer harten Linie. Statt die Hand zu reichen, wird weiterhin beschuldigt, was das Zeug hält. Russland ist an allem schuld, so die einfache Botschaft, und Gespräche werden nur dann in Erwägung gezogen, wenn Russland bedingungslos kapituliert. Dabei wäre es doch so einfach, den ersten Schritt zu tun und zu zeigen, dass man wirklich an einem Frieden interessiert ist.
Chance für Frieden oder weitere Eskalation?
Es ist eine absurde Welt, in der wir leben: Russland ruft zu Friedensverhandlungen ohne Ultimaten auf, und die internationale Gemeinschaft reagiert mit einem Schulterzucken. Während die Waffen weiter in die Ukraine strömen, bleibt die Frage offen, ob es tatsächlich noch jemanden gibt, der an einem schnellen Ende des Konflikts interessiert ist. Vielleicht ist es aber auch einfach bequemer, wenn der Krieg weitergeht – solange man selbst nicht an der Front steht. Die kommenden Monate werden zeigen, ob es eine Chance auf Frieden gibt oder ob wir uns auf eine neue Phase der Eskalation einstellen müssen. Aber eines ist sicher: Wenn der Frieden nicht aus den Gewehrläufen kommt, dann vielleicht aus einer unvorhergesehenen, plötzlichen Vernunft. Wünschenswert wäre es.