Ich freue mich jedes Mal, wenn Demoskopen mit ihren Vorhersagen eine Bruchlandung erleben. Und das tun sie immer öfter und immer heftiger. Denn die Leute, die befragt werden, haben inzwischen begriffen, wie die Umfragen laufen – daß sie nur gefragt werden, um die Erwartungen der Demoskopen bzw. ihrer Auftraggeber zu bestätigen. Ob die nun den jeweiligen “Trend” aus dem Kaffeesatz herauslesen oder aufgrund einer sog. “repräsentativen Umfrage”, macht oft keinen Unterschied.

Nun will der Forsa-Chef Güllner herausgefunden haben, daß “die Menschen” draußen im Lande “ganz andere Sorgen” haben als es derzeit den Anschein hat, nämlich diese:

Vor Ort sind es ganz andere Sorgen, die die Menschen bewegen, sagt Güllner. Die Einwohner Kölns störe beispielsweise der Dreck in der Innenstadt besonders. In Frankfurt am Main seien Wohnungsknappheit und steigende Mieten seit Jahren die drängenden Probleme. In anderen Städten sei es die Verkehrssituation und in Berlin vor allem der Flughafen, der als Synonym für schlechte Verwaltung angesehen werde.
Und daß die Kanzlerin in den Umfragen immer tiefer rutsch

t, das hat nichts mit der von ihr propagierten “Willkommenskultur” zu tun, sondern mit der Uneinigkeit in der Union, die die Menschen irritiere.
Was wirklich irritiert, ist, wie ein Meinungsforscher, vor dessen Namen meist das Prädikat “renommierter” steht, so einen Stuss verbreiten kann. Daß der “Zustrom der Flüchtlinge” von den meisten Deutschen nicht als “problematisch” angesehen werde, sagt der Mann von der Forsa, läge auch daran, daß viele Menschen in ihrem Umfeld bislang noch gar keine Flüchtlinge erlebt hätten.

Die meisten Menschen haben in ihrem Umfeld auch keine Atomkatastrophe erlebt, aber trotzdem gleich nach Fukushima aufgehört, Fischstäbchen zu kaufen. Und sie haben noch nie einen Ebola-Kranken gesehen, außer in der Tagesschau, trotzdem aber nachvollziehbare Angst, sich anzustecken.

Was der Forsa-Chef außerdem nicht kapiert: Die meisten Berliner haben sich inzwischen damit abgefunden, daß der neue Flughafen eine Dauerbaustelle ist. Sie nehmen das ebenso schulterzuckend zur Kenntnis, wie die Tatsache, daß Berlin 60 Milliarden Euro Schulden hat, die es nie zurückzahlen wird. Und was die Kölner angeht, die angeblich “der Dreck in der Innenstadt” stören würde, liegt er auch voll daneben. Die Kölner fühlen sich in diesem Dreck offenbar pudelwohl, sonst würden sie nicht warten, bis der städtische Straßenkehrer kommt, sondern selber zum Besen greifen. Im Übrigen kann die zutreffende Beobachtung, daß Köln (wie auch Berlin) immer mehr verdreckt, auch etwas mit dem “Zustrom der Flüchtlinge” zu tun haben. Die ohnehin klammen Kommunen sind gezwungen, viel Geld für die Unterbringung und Versorgung der illegalen Einwanderer auszugeben, da muß eben an der Straßenreinigung und anderen Diensten gespart werden. Wer das eine will, muß das andere mögen.

Clausjürgen Faber