Abbruch der Verhandlungen: SPD stoppt Gespräche mit CDU und BSW in Sachsen

Es war einmal eine Koalition in Sachsen in spe. CDU, SPD und das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) saßen also zusammen und wollten das Land retten – bis das Ganze plötzlich ins Stocken geriet. Genauer gesagt: bis die SPD ein kleines Detail nicht mehr übersehen konnte. Denn die Partnerin in spe, die BSW, hatte sich dazu entschlossen, einem Antrag der AfD für einen Corona-Untersuchungsausschuss zuzustimmen. Und das war zu viel des Guten für die Sozialdemokraten. Die Verhandlungen? Erst mal auf Eis gelegt. Die SPD sah sich genötigt, ihre Notbremse zu ziehen, bevor man sich am Ende noch eine Blöße geben würde. Neuwahlen scheinen plötzlich kein so unrealistisches Szenario mehr.

Ein Corona-Untersuchungsausschuss – das klingt erst mal wie ein weiterer parlamentarischer Langeweiler. Aber diesmal hat das Thema eine besondere Brisanz. Die Pandemiepolitik der letzten Jahre wird hier nämlich nicht etwa von hochgelehrten Wissenschaftlern und honorigen Experten analysiert, sondern von Politikern aller Couleur und Gesinnung auf Herz und Nieren geprüft. Besonders pikant: SPD-Frontfrau Petra Köpping selbst saß damals im Gesundheitsministerium und verteidigte die Maßnahmen gegen alle Unkenrufe. Ein Untersuchungsausschuss, wie ihn sich die AfD vorstellt, könnte das Gesundheitsmanagement der vergangenen Jahre geradezu als Verrat an der Volksgesundheit brandmarken. Kein Wunder, dass die SPD da nervös wird – am liebsten hätte sie, wie angekündigt, eine gemäßigte Enquetekommission, die alles sanft hinterfragt, aber bitte nicht anrührt.

BSW und AfD: Politische Gemeinsamkeiten statt Abgrenzung?

Es mag manchen überraschen, dass das Bündnis Sahra Wagenknecht, das sich ja als moralische und wirtschaftliche Alternative zur SPD versteht, in die gleiche Kerbe haut wie die AfD. Für die BSW gehört die scharfe Kritik an der Corona-Politik immerhin schon lange zum Markenkern, das sagten sie laut und deutlich im Wahlkampf. Dennoch wirkt es auf viele Betrachter befremdlich, dass man dem AfD-Antrag tatsächlich zustimmte, während die SPD entsetzt daneben stand. Was die SPD als ungehörige Zusammenarbeit sieht, könnte Wagenknecht und Co. als Pragmatismus verstehen: Inhaltliche Übereinstimmung statt ideologischer Gräben, sagt man sich im BSW-Lager. Aber diese Denkweise ist nichts für die SPD, die in diesem „Schulterschluss“ nichts als ein Zeichen für eine bedenkliche politische Nähe sieht.

Jetzt ist das Ganze ein Problem, weil die SPD ein Problem daraus macht. Wäre die BSW einfach ein wenig leiser auf die Bremse getreten, hätten die Christdemokraten sich vielleicht nicht so lautstark aus dem Staub gemacht, und die SPD hätte weiter gespielt, als wäre alles in bester Ordnung. Aber so lief es nicht. Stattdessen trat die BSW mit aller Bestimmtheit auf und ließ durchblicken, dass man den AfD-Antrag nicht aus Prinzip ablehnt, sondern es eine Sache der Inhalte sei. Ein klitzekleiner Vertrauensbruch, meinen die Sozialdemokraten. Ein Grundsatzbruch, sagen manche Kritiker. Es ist, als wäre Wagenknecht selbst zur Verkörperung einer neuen politischen Logik geworden, in der man die AfD eben nicht mehr von vornherein ausschließt. Dass diese Herangehensweise in einem Ost-Bundesland viel Staub aufwirbelt, dürfte keinen überraschen.

Doch bei der SPD in Sachsen, wo man in Sachen moralische Unantastbarkeit noch was zu sagen hat, hält man nichts von solcher Offenheit. Die Landesvorsitzenden Kathrin Michel und Henning Homann ließen keine Gelegenheit aus, um die BSW scharf zu kritisieren und an die ursprünglichen Grundsätze zu erinnern. Dass Wagenknecht und Co. den Antrag mittrugen, zeigt für die SPD, dass sie kein Problem damit haben, sich mit der AfD gemeinsam in eine Boot zu setzen, um die Corona-Maßnahmen öffentlich zu „zerpflücken“, wie es so schön heißt. Das sei nicht nur eine Enttäuschung, sondern auch „eine schwere Belastung“ für die Verhandlungen – wie lange die SPD das Spiel weiter mitspielt, bleibt ungewiss. Der Partner, so scheint es, hat einfach zu viel Nähe zur falschen Seite. Was CDU und SPD an dieser Stelle gerne hätten, ist eine klare Distanzierung, doch das wird Wagenknecht wohl nicht bieten.

Zukunft der Verhandlungen in Sachsen und Thüringen ungewiss

Jetzt ist der große Plan in Gefahr. Eine Koalition mit Wagenknecht und den Linken als Brücke zur Zukunft für Sachsen? Schwierig. Auch in Thüringen läuft es mit der sogenannten „Brombeer-Koalition“ alles andere als rund. Sahra Wagenknecht setzt auf ihre eigene Linie, diesmal zur Ukrainepolitik. Die Botschaft: keine Anpassung an die westliche Politik, stattdessen ein „selbstbewusster Kurs“ mit Blick auf Russland. Die Fronten könnten kaum verhärteter sein, und die Zeit drängt. Sollte sich in Sachsen binnen vier Monaten nach der konstituierenden Sitzung am 1. Oktober keine Regierung bilden, kommen Neuwahlen ins Spiel. Die Alternative, eine Fortsetzung der „Kenia-Koalition“ mit vielleicht etwas linker Unterstützung, scheint da plötzlich verlockend. Aber wer weiß – in der Politik ändern sich die Allianzen so schnell, wie die nächste Abstimmung auf der Tagesordnung steht.