Berlin – Manchmal gibt es in der Politik Angebote, die man eigentlich nicht ausschlagen kann. Man könnte sogar meinen, dass solche Angebote wie ein Geschenk des Himmels kommen, zumindest wenn man es mit klarem Verstand betrachtet. Aber klarer Verstand ist in Berlin derzeit Mangelware. Das jüngste Beispiel: Die autonome Selbstverwaltung in Nordost-Syrien hat angeboten, sämtliche syrischen Staatsbürger, die sich in Deutschland aufhalten, wieder aufzunehmen. Ja, Sie haben richtig gelesen: Syrer könnten sofort zurück in ihr Heimatland. Doch in Berlin regt sich – Sie ahnen es – nicht viel.

Berlin schweigt – der übliche Reflex?

Die Außenministerin der autonomen Region, Elham Ahmed, tourt derzeit durch Deutschland, um ihre Region bekannt zu machen. Es geht um Entwicklungshilfe und den Wiederaufbau – Themen, bei denen in Berlin normalerweise die Ohren auf Empfang stehen. Nur dieses Mal scheint das Angebot irgendwie durch den falschen Filter gelaufen zu sein. Denn mit der Entwicklungskooperation geht ein Angebot einher, das hierzulande gerne übersehen wird: die Rückführung syrischer Flüchtlinge.

Ahmed war klar und deutlich: „Wir sind bereit, uneingeschränkt alle syrischen Staatsbürger aufzunehmen, die derzeit in Deutschland leben – unabhängig davon, ob sie aus unserem Gebiet stammen oder nicht.“ Man könnte meinen, dass Berlin jubeln sollte. Endlich eine Lösung für die drängende Frage, wie man die Integration hunderttausender Syrer handhaben will, von denen viele schon lange keine Perspektive mehr in Deutschland haben. Doch Pustekuchen.

Gerichtsurteil? Interessiert keinen!

Erinnern wir uns: Ende Juli urteilte das Oberverwaltungsgericht Münster, dass für Zivilpersonen in Syrien „keine ernsthafte, individuelle Bedrohung“ mehr bestehe. Mit anderen Worten: Eine Rückkehr nach Syrien wäre durchaus möglich. Man könnte denken, dass dies nun ein Wendepunkt in der Debatte wäre, ein Anlass zur Erleichterung vielleicht. Schließlich haben sich ja auch andere europäische Staaten bereits daran gemacht, ihre diplomatischen Vertretungen in Syrien wieder zu eröffnen. Doch in Berlin? Wieder: Funkstille.

Die Region, um die es geht, wird von der Zentralregierung in Damaskus nicht wirklich kontrolliert, sie ist faktisch unabhängig. Das sollte den Berliner Zögerern doch eigentlich in die Karten spielen, die sonst jede Zusammenarbeit mit dem „Regime“ von Baschar al-Assad ablehnen. Aber nein, der Zugzwang wird mit der typisch deutschen Lethargie begegnet. Man wartet ab, was passiert. Vielleicht erledigt sich das Problem ja von selbst? Bis dahin wird weiter diskutiert, geforscht und – nicht gehandelt.

Stabilität? Ach, das wäre ja langweilig

Dabei ist Nordost-Syrien eine der stabilsten Regionen des Landes. Keine Frontlinien, keine Bombenangriffe, kein tägliches Chaos – ganz im Gegensatz zu dem Bild, das deutsche Politiker gerne von Syrien malen. Doch selbst diese Faktenlage scheint die deutsche Regierung nicht dazu zu bewegen, das Angebot von Frau Ahmed ernsthaft zu erwägen.

Vielleicht liegt es ja an der kleinen Bedingung, die Ahmed an ihre Großzügigkeit geknüpft hat: Wiederaufbauhilfe. Ja, es wäre tatsächlich eine Herausforderung, diese Region wirtschaftlich zu stabilisieren, damit sie Hunderttausende Rückkehrer auch aufnehmen kann. Aber Ahmed sagt, dass man „sofort“ mit kleineren Gruppen beginnen könnte, und innerhalb eines Jahres wäre die notwendige Infrastruktur geschaffen. Man könnte also in die Gänge kommen. Aber das wäre wohl zu pragmatisch.

Scholz: Hart zu Straftätern – aber nur im Reden

Und dann gibt es noch die schöne Anekdote von Bundeskanzler Olaf Scholz. Der hat sich immerhin im Juni in einer Regierungserklärung dahingehend geäußert, dass Straftäter unbedingt abgeschoben werden müssen – auch wenn sie aus Syrien oder Afghanistan stammen. Doch was tun, wenn man die Möglichkeit hat, tatsächlich Menschen zurückzuführen? Genau: Man redet weiter, ohne zu handeln. Es ist schon erstaunlich, mit welcher Konsequenz man in Berlin politische Probleme einfach aussitzt – oder, wie in diesem Fall, wegschaut.

Chance verpasst?

Klar, das Angebot aus Nordost-Syrien ist nicht ohne Haken. Aber es ist zumindest eine Gelegenheit, ein drängendes Problem anzugehen. Die Flüchtlingspolitik in Deutschland hat sich in den letzten Jahren immer mehr zur Sackgasse entwickelt. Integration funktioniert nicht im Handumdrehen, und viele Syrer haben längst ihre Hoffnung auf eine langfristige Perspektive hier verloren. Eine Rückführung wäre für viele eine echte Chance – und für Deutschland eine Möglichkeit, endlich das endlose Gerede zu beenden und praktische Lösungen zu finden.

Aber nein, Berlin will lieber nicht hinschauen. Lieber lässt man die Dinge weiterlaufen, als Verantwortung zu übernehmen. So vergeht die Zeit, und das nächste Angebot – wenn es denn noch eines gibt – wird ebenso ignoriert werden. Pragmatisches Handeln? Fehlanzeige. Stattdessen gibt es die übliche Berliner Mischung aus Zögern, Zaudern und Wegducken. So macht man das in der Hauptstadt.

Am Ende bleibt die Erkenntnis: Einmal mehr bleibt ein Angebot ungenutzt, weil es in der deutschen Politik offenbar schwerfällt, auf pragmatische Lösungen zu setzen. Lieber lässt man die Dinge im luftleeren Raum hängen, als mutig voranzugehen. Syrer könnten zurückkehren – doch Berlin will davon nichts wissen.