Liebe Lichtenbergerinnen,
liebe Lichtenberger,
am 22. Mai 2008 begann die Bezirksverordnetenversammlung bereits
um 16.00 Uhr, um den zweiten Teil der 18. Sitzung abzuhandeln.
Torsten Meyer hatte den Antrag „Graffiti-Schmierereien an der
Skulptur Die Sonnenanbeterin beseitigen“ eingebracht. Tatsächlich
waren die Verunzierungen schon vor dem ersten Teil der BVV beseitigt
worden. Die Eile rührte sicherlich daher, daß man uns sagen konnte:
„Der Antrag ist gegenstandslos, denn die Skulptur wurde bereits
gereinigt.“ Torsten Meyer sagte in seinem Redebeitrag:
… in dem Gebiet um den Obersee treibt seit längerer Zeit eine Bande
ihr Unwesen. Vor allem in der wärmeren Jahreszeit halten sie sich an
den Wochenenden im Oberseepark auf, lärmen und trinken Alkohol.
Beschmieren und zerstören Parkbänke, Müllbehälter, Verkehrszeichen
und schrecken nicht einmal davor zurück, fremde Autos mit Farbe zu
besprühen. So geschehen kurz vor Ostern. Mein Auto wurde wie auch
die gesamte Umgebung des Obersees mit Parolen und einem großen A, dem Zeichen der sog. Antifa, versehen. In diesem Fall ermittelt der polizeiliche Staatsschutz.
Die Namen einiger Mitglieder dieser Gruppe sind mir übrigens bekannt. Sie wohnen in der Gropiusstraße, in der Orankestraße unter anderem.
Jetzt haben sie offensichtlich auch die Skulptur von Professor Eberhard
Bachmann entdeckt, die ich etwas unkorrekt als Sonnenanbeterin bezeichnet habe, und mit Schmierereien versehen…
Wie ich zwischenzeitlich bemerkt habe, wurde dieses Kunstwerk auf offensichtlich wundersame Weise bereits von diesen Schmierereien befreit.
Unsere Anträge haben offenbar auch dann Wirkung, wenn noch gar nicht über diese abgestimmt wurde. Ich danke Ihnen.
Wir zogen den Antrag nicht zurück, damit er in der Statistik bleibt.
Zu meinem Antrag „Errichtung eines Fußgängerüberweges Landsberger Allee vor Wohnblock Nr. 219“ sagte ich in der Begründung:
… Augen auf hilft im Straßenverkehr nicht immer und im Falle unseres
Antrages nur bedingt. Von Anwohnern wurden wir auf die Unfälle und
das vorhandene Problem aufmerksam gemacht. Auf unseren Hinweis,
diese Bitte doch von einer etablierten Partei einbringen zu lassen, um
angenommen zu werden, erhielten wir folgende Antwort: Wir wollen
doch `mal sehen, ob die anderen Fraktionen tatsächlich alle vernünfti-
gen Anträge der NPD ablehnen. Nun, das werden die Bürger ja gleich
erfahren. Beim nächsten Unfall an besagter Stelle lade ich die morali-
sche Verantwortung auf Ihre Schultern, meine Damen und Herren.
Er wurde von Herrn Hofmann, nicht zu verwechseln mit Herrn Prof. Hof- mann, auch von DIE LINKE., und Herrn Pfarrer Hoffmann, CDU, sachlich fehlerhaft und in eigenwilliger Phonetik zur Ablehnung empfohlen. Diese Empfehlung ist albern, denn die grundsätzliche Ablehnung, und daran muß ich Sie immer wieder erinnern, wurde ja bereits 2006 von diesen Musterdemokraten in einer Art Rütli-Schwur festgelegt.
Jörg Hähnel sorgte wie erwartet mit seinem Antrag Rote Stolper-
steine gegen das Vergessen schon im Vorfeld für mediale Aufmerk-
samkeit. Hier der Wortlaut:
… die Resonanz in der Öffentlichkeit nach Einbringung unseres Antrages hat uns gezeigt, daß wir mit diesem Antrag etwas aufgerührt haben, was so einige Leute in dieser Stadt gerne unter der Oberfläche behalten hätten. Es ist mittlerweile weitestgehend Konsens, am 8. Mai vom Tag der Befreiung zu sprechen. Diese Wortwahl war aber zunächst nur sowjetrussische Doktrin, ist dann von kollaborierenden Kommunisten weiter gesponnen worden und heute in nahezu alle politisch korrekten Gehirne eingeimpft worden. Man hat im Vorfeld von einer Provokation gesprochen. Nahezu jeder Antrag, den wir hier einbringen, wird von Ihnen als Provokation wahrgenommen. Wahrscheinlich nur deshalb, weil er von uns kommt. Es ist aber keine Provokation, sondern wir wollen damit der Wahrheit in dieser Stadt Raum geben. Vor dieser Wahrheit scheinen Sie Angst zu haben. Angst vor dem Einsturz eines Lügengebäudes, das die Herrschaft der etablierten Parteien bis heute rechtfertigt. Über den Geschehnissen nach dem 8. Mai 1945 liegt bis heute weitestgehend ein Nebel des Schweigens.
Man wirft uns vor, mit diesem Antrag Opferzahlen aufrechnen zu wollen.
Das halte ich für eine Schutzbehauptung, um sich nicht mit den Geschehnissen dieser Zeit auseinandersetzen zu müssen. Wir wollen nichts aufrechnen. Wir wollen eine Zeit aufarbeiten, die heute in Vergessenheit zu geraten droht. Deshalb beantragen wir, vor den Häusern, wo Opfer der sowjetrussischen Soldateska gelebt haben, rote Stolpersteine einzulassen.
Jugendfreizeiteinrichtungen und die Schulen sollen an diesem Projekt
beteiligt werden. Hans Erxleben von der Fraktion DIE LINKE. in der BVV Treptow/ Köpenick sprach von Ungesetzlichkeiten, die da im Zuge der Kriegshandlungen nach dem 8. Mai stattgefunden haben. Ich nenne es nicht Ungesetzlichkeiten, ich nenne es Verbrechen. Die Saat von Ilja Ehrenburg ist aufgegangen auf deut- schem Gebiet. Nach dem Einfall der Sowjetrussen auf deutsches Reichsgebiet und seit den Geschehnissen in Nemmersdorf verbreiteten sie Angst
und Schrecken.
Massenvergewaltigungen waren an der Tagesordnung. Zwischen April und Juni 1945 sind in Berlin mindestens 100 000 Frauen vergewaltigt worden.
Viele sogar mehrfach. Über die genauen Zahlen ist bis heute nichts bekannt. Es kann aber davon ausgegangen werden, daß es noch einige Hunderttausend mehr sind.
Liquidierungen willkürlicher Art waren an der Tagesordnung. Der hier
sicherlich nicht unbekannte Hubertus Knabe schrieb in dem Buch Tag
der Befreiung, daß allein im Gebiet östlich von Oder und Neiße
75 bis 100 000 willkürliche Liquidierungen an Zivilisten stattgefunden
haben. Ich möchte an dieser Stelle Berthold Brecht rezitieren, der 1948 schrieb:
In den Arbeitervierteln hatte man die Befreier mit verzweifelter Freude
erwartet. Die Arme waren ausgestreckt, aber die Begegnung wurde zum Überfall, der die 70jährigen und 12jährigen nicht schonte und in aller
Öffentlichkeit vor sich ging. Und an anderer Stelle: Aber nach dem
Kampf durchzogen betrunkene Horden die Wohnungen, holten die
Frauen, schossen die Widerstand leistenden Männer und Frauen nieder, vergewaltigten vor den Augen der Kinder, standen in Schlangen vor den Häusern.
NKDW-Terror, Säuberungen, die auf dem gesamten deutschen Gebiet
stattgefunden haben, auf dem Gebiet der sowjetisch-russischen Besatzung. Sachsenhausen, Buchenwald, Gulak und ähnliche Sachen sollen hier nicht verschwiegen werden. Bis heute wurde dafür niemand zur Verantwortung gezogen.
Ganz im Gegenteil. Die Erben dieser Kolloborateure, der Handlanger und der Vollstrecker sitzen heute sogar im Senat von Berlin.
Wir wollen mit dem Antrag gegen die Einseitigkeit das Wort ergreifen,
die in der deutschen Geschichtsschreibung Einzug gehalten hat. Wir
wollen auch die deutschen Opfer einer historischen Epoche ehren und
würdigen. Wir wenden uns gegen den in diesem Lande herrschenden
Nationalmasochismus. Wir wollen Objektivität. Auch wenn es dazu
führen würde, daß die Straßen Berlins, wenn wir rote Stolpersteine ein-
lassen würden, wahrscheinlich blutrot aussehen würden.
Herr Prof. Hofmann antwortete als Historiker vom Dienst. Ich erlaube
mir einige Auszüge:
Die vorliegende Drucksache, die bereits anderen Bezirksverordneten-
versammlungen von NPD-Vertretern zugemutet wurde, ist alles andere
als ein objektiver Umgang mit der deutschen und sowjetischen Geschichte. Abgesehen davon, daß Wortwahl und Argumentationsmuster aus dem Propagandaministerium eines Joseph Goebbels stammen könnten, sollen Verbrechen relativiert und kollektive Amnestie gefördert werden. Selektive Wahrnehmung war schon immer eine beliebte Methode der Geschichtsfälschung und ihrer politischen Instrumentalisierung. Lassen Sie mich deshalb an einige Zusammenhänge erinnern, die in dem Antrag der NPD verschwiegen werden.
Jetzt zählt Herr Prof. Hofmann auf, was deutsche Herrenmenschen in
der überfallenen Sowjetunion angerichtet haben.
Weiter sagt er: Unvorstellbar, wenn Gleiches mit Gleichem vergolten
worden wäre. So, ist es nicht? Ebenso unvorstellbar, wenn die Nazi- Herrschaft nicht niedergerungen worden wäre. Es liegt mir fern, das Leid, das der deutschen Bevölkerung aus diesem verbrecherischen Krieg und seinen Folgewirkungen erwuchs, zu ignorieren oder klein zu reden. Na also, Herr Professor, warum fällt es dann so schwer, auch unserer deutschen Opfer in unserem Land in angemessener Weise zu gedenken? Wo ist ein Vertriebenendenkmal? Warum werden Grabstätten unserer Soldaten hier in Deutschland planiert? Warum zerstören Kriminelle unsere Soldatendenkmale?
Und als Schlußsatz meint der Herr Professor:
Die Ablehnung der Geschichtsklitterung der NPD sollte deshalb ein
Gebot demokratischer Erinnerungskultur und politischer Glaubwürdigkeit sein.
Dann meldete sich noch Herr Hoffmann von der CDU und meinte in wohlgesetzter Rede u.a., man müßte vor unserem Gedankengut und den daraus evtl. resultierenden Folgen Angst haben.
Jörg Hähnel erwiderte:
… Herr Hoffmann, Nationalisierung in unserem Sinne bedeutet, sich seiner selbst bewußt zu werden. Wovon Sie gesprochen haben, ist Chauvinismus, und mit Chauvinismus wollen wir genauso wenig zu tun haben wie Sie sicherlich auch. Die Welt wird ersterben, wenn die Völker ersterben. Denn die Völker sind es, die die Vielfalt der Menschheit ausmachen.
Noch ein Wort zu Professor Hofmann. Was Sie hier vorgetragen haben, hat sich angehört wie ein Vortrag aus einem DDR-Geschichtsbuch. Sie haben nichts anderes gemacht, als aufzurechnen, relativieren, zu entschuldigen.
Hier endeten unsere Wortmeldungen in der 18. BVV, und wir sahen der
anschließend stattfindenden 19. BVV mit großem Interesse entgegen.
Es grüßt Sie sehr herzlich
Manuela Tönhardt
Fraktionsvorsitzende
Bericht von der 19. BVV-Sitzung
Liebe Lichtenbergerinnen,
liebe Lichtenberger,
die 19. BVV fand also im Anschluß an den zweiten Teil der 18. statt, oder besser gesagt, die 18. wurde vor die regulär stattfindende 19. Sitzung am 22. Mai 2008 gelegt.
Hier das aus unserer Sicht Interessanteste.
Die Drucksache 0882 befaßt sich mit der Erneuerung des Regenwasserkanals in der Treskowallee auf dem Abschnitt Gregoroviusweg bis Rheinpfalzallee. Betroffene Bürger aufgepaßt! Es handelt sich hier um keinen Neubau, sondern eine Reparatur, und da scheint uns eine evtl. finanzielle Beteiligung Ihrerseits nach dem Straßenausbaubeitragsgesetz (StrABG)recht fragwürdig.
Die Aufstellung der Vorschlagsliste für die Wahl der Schöffinnen und
Schöffen der Geschäftsjahre 2009 bis 2013 war eine Sache für sich.
Torsten Meyer und ich sowie weitere, dem geschätzten Kollegium unbekannte Kameradinnen und Kameraden hatten sich aufstellen lassen.
Darauf bezogen gab ich zu Beginn der BVV eine persönliche Erklärung
ab: Herr Vorsteher, meine Damen und Herren, auf Antrag von Herrn Heinisch (Anm.: Fraktion Bündnis 90/Die Grünen) wurde Torsten Meyer während des Jugendhilfeausschusses am 6. Mai diesen Jahres von der Liste der zu wählenden Jugendschöffen gestrichen (Anm.: Beifall für den tapferen Mann aus den linken und mittleren Reihen).
Herr Heinisch begründete das damit, daß bei Herrn Meyer auf Grund seiner Zugehörigkeit zur NPD-Fraktion kein Handeln entsprechend der demokratischen Grundordnung zu erwarten sei.
Dazu möchte ich zwei Bemerkungen machen
1. Wie Sie, Herr Heinisch, sicher wissen, läßt Herr Schäuble die Linke auf Bundesebene weiter vom Verfassungsschutz beobachten, weil deren Programm auf die Überwindung der Gesellschaftsordnung ausgerichtet sei. Sie wird als extremistisch eingestuft.
Der Berliner CDU-Generalsekretär Henkel stellt sie sogar in die
inhaltlich-programmatische Tradition der RAF-Terroristen.
Egal, ob wir solche Einschätzungen mittragen oder nicht, hier vermissen wir natürlich Ihre Bedenken gegenüber den davon betroffenen Kandidaten.
2. Nehmen Sie, Herr Heinisch, und alle hier Anwesenden getrost zur
Kenntnis, daß wir nichts anderes erwartet haben. Was wir erreichen
wollten, haben wir erreicht: Eine umfassende Medienaufmerksamkeit
und die Angst, daß sich auf der Liste Kameraden von uns verstecken.
Gehen Sie davon aus, daß dies hier und bei der anstehenden Schöffenwahl der Fall ist. Wir haben sehr intensiv daran gearbeitet!
Beobachter teilten uns mit, daß sich Herrn Heinischs anfängliches strahlendes Gesicht schlagartig umwölkte.
Anschließend teilte der Vorsteher, Herr Bosse, auf meine Bitte hin mit, daß ich meine Kandidatur auf Grund eines Wohnortwechsels in einen Nachbarstadtbezirk zurückziehe.
Bei Torsten Meyer war natürlich eine einhellige Ablehnung zu erwarten, aber nein, ein Abweichler aus einer anderen Fraktion hatte für ihn gestimmt! Wir wissen auch, wer es war, denn er hat es uns mittlerweile gesagt. Junge, Junge, ausgerechnet von denen!
Im Antrag Flagge zeigen für Selbstbestimmung in Tibet wollte die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen allen Ernstes die Flagge Tibets vor unserem Rathaus gehißt sehen. Zum Glück war sich die Mehrheit der Redner darin einig, daß sowohl die komplizierte Historie als auch die Gleichbehandlung anderer Länder, denen es ähnlich ergeht (Palästina hat man aber dabei vergessen), eine abschlägige Abstimmung ratsam machen.
Zu unserem Antrag Überprüfung der Lichtenberger Stadtbezirksverordneten auf Tätigkeit für das ehemalige MFS sagte ich:
… als Sie unseren Antrag zu Gesicht bekamen, werden Sie gedacht haben, na ja, so neu ist das nicht für uns, das hatten wir das letzte Mal von der SPD-Fraktion . Macht ja nichts. Lehnen wir sowieso ab, weil es von der NPD kommt.
Nun, rein biologisch können sich einige Verordnete zurücklehnen, denn die DDR und damit ihr Ministerium für Staatssicherheit gibt es seit fast 19 Jahren nicht mehr, und Kinder wurden damals sicher nicht angeworben. Aber es ist für uns nachvollziehbar, daß einige von Ihnen, meine Damen und Herren Verordnete, für diesen Geheimdienst gearbeitet haben könnten und heute als jede Gewalt empört von sich Weisende damals nicht so moralisch einwandfrei handelten.
In der vorigen Legislaturperiode wurde der ähnliche Antrag durch die PDS überstimmt. Heute müssen alle Stimmberechtigten dagegen ihren Arm heben. Das wird in der nicht linken Öffentlichkeit sicherlich nicht sehr gut ankommen.
Natürlich wurde dieser Antrag abgelehnt.
Lesenswert ist Torsten Meyers Wortbeitrag zum Antrag Stelenreinigung Hinweistafel zum Sperrgebiet Hohenschönhausen Bahnhofstraße/ Ecke Gensler Straße
…es ist noch gar nicht lange her, ein paar Wochen, da wurde der Grenzverlauf um das ehemalige Sperrgebiet in Hohenschönhausen mit Markierungen versehen und Hinweistafeln zu diesem Sperrgebiet aufgestellt, und schon ist eine dieser Hinweistafeln mit Graffitischmierereien versehen worden.
In der Nacht vom 6. zum 7. Mai wurde dort ein großes A aufgesprüht. Das Zeichen der sog. Antifa. Und nicht nur dort wurden Parolen und Schmierereien aufgebracht, sondern im gesamten Umfeld dieser Stele, dieser Hinweistafeln… Nach der Art Deutschland verrecke und Nie wieder Deutschland. Wo die Schmiererei vorhanden ist, da kommen schnell auch weitere hinzu, und wir beantragen daher, das Bezirksamt damit zu beauftragen, diese Schmierereien auf der Hinweistafel so schnell wie möglich zu beseitigen…
Flugs hatte man vorher tatsächlich diese Verunstaltungen beseitigt,
denn wie sähe es aus, solchen Antrag abzulehnen. Auch diesmal zogen wir ihn, obwohl nun gegenstandslos, nicht zurück, damit er nicht aus der Statistik genommen wird.
Und nun die große Überraschung: Die BVV endete bereits gegen 21.15 Uhr!
Es grüßt Sie herzlich
Manuela Tönhardt
Fraktionsvorsitzende