Berliner Nationaldemokraten befürworten Beibehaltung des Proporzbezirksamts sowie Absenkung der Stadtratsbesoldung und plädieren für berlinweit einheitliche Ressortzuschnitte

Die Berliner Bezirksämter werden aus dem Bezirksbürgermeister und derzeit noch fünf Bezirksstadträten gebildet und besitzen den Status von Verwaltungsbehörden innerhalb der Berliner Einheitsgemeinde. Die Bezirksbürgermeister besitzen keine Richtlinienkompetenz, jeder Stadtrat führt sein Verwaltungsressort in eigener Verantwortung – in Abhängigkeit von insbesondere finanziellen Vorgaben der Hauptverwaltung.

Bislang werden die Stadträte entsprechend der Stärkeverhältnisse der in der Bezirksverordnetenversammlung vertretenden Fraktionen im Proporzverfahren gewählt (§ 35 Bezirksverwaltungsgesetz). Eine Koalitionsbildung der Parteien ist bei der Wahl der Stadträte nicht möglich und eine Fraktion, die rund 20 Prozent der Stimmen erreicht, besitzt derzeit zumindest für einen Stadtrat das Vorschlagsrecht. Die Wahl der Stadträte ist auf diesem Wege dem parteipolitischen Postengeschachere zumindest teilweise entzogen.

In den Berliner Blockparteien gibt es ernsthafte Überlegungen dahingehend, das sogenannte politische Bezirksamt einzuführen, da die bisherige gesetzliche Regelung am 1.1.2010 außer Kraft tritt.

Ein politisches Bezirksamt würde dazu führen, daß dieser Bereich der Berliner Verwaltung durch Koalitionsmehrheiten bzw. Zählgemeinschaften in der BVV geprägt werden würde. Dies mag z.B. für die FDP als kleinere Partei Vorteile mit sich bringen, da sie sich an den Rockzipfel wahlweise der CDU oder SPD hängen kann, um über Absprachen in das Bezirksamt zu gelangen. Insoweit ist es nachvollziehbar, wenn der Landesvorsitzende der FDP, Markus Löning, sich in der derzeitigen Debatte für das politische Bezirksamt ausspricht.

Es ist jedoch tatsächlich nicht notwendig, für die Bezirksämter die gleichen politischen Spielregeln gelten zu lassen wie z.B. bei der Regierungsbildung auf Landesebene, da die politische Macht eines Stadtrates verfassungsbedingt eingeschränkt ist. Zwar nimmt das Bezirksamt im Sinne des Subsidiaritätsprinzips umfangreiche Verwaltungsaufgaben war, jedoch fallen die grundlegenden politischen Entscheidungen in Berlin weiterhin auf Senatsebene. Selbst der Haushalt der Bezirke hängt im wesentlichen von der Globalsummenzuweisung durch den Senat ab.

Für oppositionelle Parteien außerhalb des Dunstkreises der etablierten Blockparteien wird durch das politische Bezirksamt die Mitwirkung am bezirklichen Verwaltungshandeln und der Zugang zu Informationen aus dem Bezirksamt jedoch erschwert, selbst wenn der Wähler als eigentlicher Souverän zuvor an der Wahlurne ein entsprechendes demokratisches Votum zugunsten dieser Parteien abgegeben haben sollte. So konnten nach der Wahl 1992 die inzwischen bedeutungslos gewordenen Republikaner aufgrund ihres Wahlergebnisses zwischenzeitlich vier Stadträte stellen, da die Stadträte im Proporzverfahren vorgeschlagen und gewählt wurden; ein politisches Bezirksamt würde aus Sicht einer BVV-Mehrheit, die sich beispielsweise dem Kampf gegen Rechts verschrieben hat und sich als antifaschistische Einheitsfront versteht, keine mißliebigen, unbequemen Stadträte mehr ertragen müssen. Bunte Vielfalt wird hier durch die Befürworter des politischen Bezirksamts als störend empfunden, da das Bezirksamt im Kollegium zu entscheiden hat und unerwünschte Meinungen anscheinend von vornherein ausgeschlossen werden sollen.

Wir Nationaldemokraten halten die Einführung des politischen Bezirksamts für den Versuch einiger etablierten Parteien, die Mitbestimmungsmöglichkeit des Bürgers in diesem Bereich der bezirklichen Selbstbestimmung zu minimieren und in Sachen der Bezirksamtsbildung wesentlich zu bevormunden. Der Bürger darf nach Einführung des politischen Bezirksamts zwar weiterhin seine Wählerstimme brav zu Wahlurne tragen, er hat jedoch nur dann die Chance, die parteipolitische Besetzung des Bezirksamts durch seine Stimme zu beeinflussen, wenn er eine Partei wählt, die entweder die absolute Mehrheit erreicht oder über willige Koalitionspartner verfügt. Fraglich, ob sich dadurch das Interesse des Bürgers an Bezirkspolitik steigern läßt. Zumal: bereits jetzt dürfte dem Otto-Normal-Bürger möglicherweise der Name seines Bezirksbürgermeisters bekannt sein, nach Namen von Stadträten würde man im Rahmen einer Straßenumfrage sicherlich vergeblich fragen.

Wir Berliner Nationaldemokraten schlagen zudem vor, die Besoldung der Stadträte an ihre objektive politische Bedeutung anzupassen. Bislang werden die Stadträte nach der Besoldungsgruppe B 4 bezahlt, was einem Grundgehalt von rund 6400 Euro brutto entspricht. Stellvertreter des Bezirksbürgermeisters erhalten gar die Besoldungsgruppe B 5. Als kleinen Beitrag zur Gesundung des Berliner Haushalts empfehlen wir, die Besoldung der Stadträte zukünftig nach Besoldungsgruppe B 2 vorzunehmen, was immerhin ein Bruttogehalt von 5710 Euro bedeutet. Berlinweit wäre über den Weg einer kleinen Gesetzesänderung eine jährliche Einsparung bei derzeit fünf Stadträten von mehr als 500.000 Euro möglich.

Im Rahmen einer Bezirksreform, die sicherlich mittelfristig wieder auf die Agenda der Berliner Politik geraten wird, ist zudem dafür zu sorgen, daß berlinweit einheitliche Ressortzuschnitte der Bezirksämter festgeschrieben werden. Bezirke und deren Verwaltungen werden durch eine einheitliche Zuteilung der Fachabteilungen auf die Zuständigkeitsbereiche der einzelnen Stadträte für den Bürger oder die Wirtschaft transparenter und vergleichbarer. Zudem wird auf diese Weise verhindert, daß Fachabteilungen auf Bezirksebene nach Gutdünken zwischen den Stadträten oder dem Bürgermeister verschoben werden.

Um auch die Wahl des Bezirksbürgermeisters, für die innerhalb der BVV bereits jetzt Zählgemeinschaften gebildet werden können, vor parteipolitischen Mauscheleien zu bewahren, schlagen wir Nationaldemokraten die Direktwahl durch den Bürger vor. Möglicherweise ein Beitrag dazu, zumindest in diesem Punkt das Interesse des Bürgers an der Bezirkspolitik zu verstärken, da Personenwahlen die Wähler bekanntlich mehr faszinieren und mobilisieren als die bloße Wahl einer mehr oder minder unbekannten Liste.

Zusammenfassend stellt sich unsere Vorschlagsliste wie folgt dar:

1. Beibehaltung des Proporzsystems bei der Stadtratswahl über 2010 hinaus
2. Direktwahl des Bezirksbürgermeisters
3. Absenkung der Besoldung der Stadträte
4. Einheitlicher Ressortzuschnitt der Bezirksämter

Schlußendlich muß sicherlich auch darüber nachgedacht werden, ob es einer sinnvollen Aufgabenerfüllung innerhalb der Einheitsgemeinde Berlin nicht zweckdienlicher wäre, auf eine politische Besetzung der Stadtratsposten gänzlich zu verzichten und diesen Bereich der Verwaltung dem Zugriff der Parteien zu entziehen.