Beim kürzlichen Gedenken an den Kriegsausbruch 1939 spielte das polnische Grenzstädtchen Wieluń in der heutigen Woiwodschaft Lodz eine zentrale Rolle. Wegen der Bombardierung der Kleinstadt gleich zu Beginn des Polenfeldzuges fand eine der zentralen Gedenkkundgebungen, an der auch Bundespräsident Steinmeier mit unsäglichen Sühnebekundungen teilnahm, in Wieluń statt. Tatsächlich kamen dort in den Morgenstunden des 1. September 1939 rund 1200 Menschen durch die Bomben deutscher Sturzkampfbomber ums Leben; die Ortschaft selbst wurde zu großen Teilen zerstört.

Die offizielle – auch vom Bundespräsidenten suggerierte – Version, es habe sich um einen vorsätzlichen Terrorangriff, mithin um das erste in Polen von Deutschen begangene „Kriegsverbrechen“ und quasi eine Fortsetzung der Bombardierung von Guernica im Spanischen Bürgerkrieg gehandelt, ist aber falsch. Auch in puncto Wieluń lügt Steinmeier in trauter Eintracht mit den etablierten Medien wie gedruckt. Man kann die Wahrheit nämlich auch in diesem Punkt durchaus wissen – wenn man will.

Zum tatsächlichen Sachverhalt gibt es mehrere Aussagen von Historikern. So merkt der deutsche Zeithistoriker Horst Boog, der sich mit zahlreichen Veröffentlichungen zum Luftkrieg zwischen 1939 und 1945 einen Namen gemacht hat, an, daß „der Angriff einer polnischen Kavalleriebrigade sowie einer polnischen Infanteriedivision galt, welche die deutsche Luftaufklärung am Vortag in der Stadt entdeckt hatte“. Boog zieht aus den vorliegenden Berichten der eingesetzten Stuka-Geschwader 76 und 77 die Schlußfolgerung, daß die Angriffe diesen Formationen galten und daß die Bombardierung fehlschlug, und „zwar auf Grund dichten Bodennebels“.

Auch der britische Historiker Peter C. Smith beschreibt das Bombardement als „Kollateralschäden im Zuge von Luftunterstützungsangriffen für den Vormarsch der Wehrmacht, bei denen die Bomben ihre eigentlichen Ziele verfehlten“.

Sogar eine polnische Stimme bestätigt diese Sichtweise. Der polnische Historiker Jerzy B. Cynk, der sogar Experte zu Fragen der polnischen Luftwaffe ist („The Polish Air Force at War. The official history 1939-1943“, 1998), berichtet: „Eine Vielzahl direkter Unterstützungsangriffe wurden [von der Luftwaffe] geflogen, die stärksten Angriffe konzentrierten sich auf polnische Kavallerie- und Truppenkonzentrationen nahe Wieluń. (…) Die Wetterbedingungen während des ganzen Tages waren ungünstig, mit Sichtweiten von weniger als einem Kilometer und einer geschlossenen Schicht aus Bodennebel bis circa 50 Meter Höhe. (…) Auf ihrem Rückflug wurden vier Ju 87 Stukas vom in der Nähe stationierten 36. Polnischen Infanterieregiment abgeschossen.“

Dieser Hinweis ist wichtig: es handelte sich um Unterstützungsangriffe der Luftwaffe, die klassische Aufgabe der deutschen Sturzkampfbomber Ju 87 im Gefecht der verbundenen Waffen. Weit und breit findet sich in der Forschungsliteratur kein Hinweis darauf, die Luftwaffe habe vorsätzlich und in massenmörderischer Absicht die nahegelegene Stadt angegriffen.

Unter dem Strich bleibt vom angeblichen „Terrorangriff“ auf Wieluń nicht viel übrig. Sie wurde, wenn man den drei renommierten Historikern Glauben schenken will, tragisches Opfer der Umstände – und der in der Nähe operierenden polnischen Bodenverbände. Die deutschen Stukapiloten verfehlten diese oder konnten sie wegen der schlechten Sicht gar nicht erst ausmachen. Und anstatt mit voller Bombenlast wieder zurückzufliegen, klinkten sie ihre Bombenlast auf gut Glück über dem ungefähren Zielgebiet aus – mit tragischen Folgen. Aber ein „Kriegsverbrechen“ war die Bombardierung von Wieluń nicht. Steinmeier und alle andere Nestbeschmutzer lügen, wenn sie anderes behaupten und Kübel von Schmutz über unser Volk ausgießen.