Bei vielen ist der Jubel groß, bei anderen die Empörung: Trump will die US-Truppen aus Syrien abziehen. Gleichwohl ist Vorsicht angesagt. Trump hatte bereits im März – und erst recht während seines Wahlkampfes 2016 – einen baldigen Abzug der US-Truppen aus Syrien in Aussicht gestellt, doch blieb es damals bei der Ankündigung. Anstatt des im Wahlkampf angekündigten Truppenabzuges hatte Trump zudem im April 2017 einen Raketenangriff auf die syrische Luftwaffenbasis Al-Sheirat befohlen – als Vergeltung für einen angeblichen Chemiewaffenangriff der Assad-Regierung. Inzwischen ist die Welt klüger und weiß, daß sie Trumps Ankündigungen besser nicht für bare Münze nimmt.

Kenner des Weißen Hauses weisen zurecht auf den unübersichtlichen Mächte- und Kompetenzdschungel an der US-Spitze hin: Trump ist oft alles andere als Herr seiner Entscheidungen, sondern eher Gefangener in einem dichtgesponnenen Netz widerstreitender Interessen und Mächtegruppierungen, das ihm souveränes Handeln schwermacht. Auch seine nunmehrige Entscheidung, die US-Truppen aus Teilen Syriens abzuziehen, konnte er amerikanischen Medienberichten zufolge nur unter Umgehung wichtiger Mitarbeiter und Regierungsmitglieder treffen. Das Weiße Haus ist eine Schlangengrube.

Gleichwohl stünde ein amerikanischer Truppenabzug aus Syrien völlig konträr zur bisherigen Syrienpolitik Washingtons, die lange Zeit auf einen gewaltsamen Regimewechsel in Damaskus und auf die Unterstützung vorgeblich „moderater“ Rebellen gegen die Assad-Regierung setzte. Insofern wäre der amerikanische Rückzug aus Syrien eine echte Sensation und zugleich ein schallender Sieg Syriens, Rußlands und aller Feinde Israels (und man könnte mit einiger Berechtigung die Frage stellen, ob Trump das überleben würde).

Allerdings steckt auch bei der aktuellen Ankündigung aus Washington, das US-Engagement in Syrien zu beenden, der Teufel im Detail. Denn der geplante Truppenabzug soll dem Vernehmen nach nur den Nordosten Syriens betreffen, wo die US-Soldaten den Kampf lokaler Milizen gegen den IS unterstützen. In weiten Gebieten östlich des Euphrat hingegen sind die USA bislang dabei, sich mit einer Reihe von Militärbasen, darunter auch Flugplätzen, auf Dauer einzurichten. Beobachter gehen davon aus, daß die US-Politik langfristig auf eine Teilung Syriens abzielt. Auch die US-Regierung hat in ersten Erklärungen zum Truppenabzug betont, der Sieg über das „territoriale Kalifat“ des IS in Syrien bedeute nicht, daß die Koalition im Kampf gegen den IS oder ihre Kampagne beendet sei. Vielmehr beginne nun die „nächste Phase“ des Einsatzes – was auch immer das konkret bedeuten mag.

So oder so scheint der Jubel über den vermeintlichen „Rückzug“ der USA aus Syrien verfrüht. Abzuwarten bleibt, inwieweit sich Trump vom Einfluß der einschlägigen „pressure groups“ – nicht zuletzt der israelischen – im Weißen Haus freimachen und seine Abzugspläne gegen ihre Widerstände realisieren kann. Erst in diesem Fall wäre die Sensation perfekt. Es wäre zu schön, um wahr zu sein. Wir sind gebrannte Kinder.